Ärzte gegen Tierversuche e.V.: Tiere retten mit Computern

Unser Verein Ärzte gegen Tierversuche betreibt ein äußerst erfolgreiches Osteuropaprojekt, bei dem Universitäten hauptsächlich in der Ukraine mit tierversuchsfreien Lehrmitteln wie Computersimulationen, Filmen, Modellen und technischen Geräten ausgestattet werden. Im Gegenzug verzichten sie per Vertrag auf Tierversuche in der studentischen Ausbildung.

Zu Sowjetzeiten musste an den Hochschulen ein vorgegebener Katalog von z. T. extrem grausamen Tierversuchen in den Praktika abgehandelt werden.
So wurden die klassischen Pawlowschen Versuche an Hunden, bei dem den Tieren ein Speichelauffangbehälter einoperiert wird, nachvollzogen, Hirnoperationen an Katzen verübt und unbetäubte Ratten mit elektrischem Strom verbrannt. Der Zerfall der UdSSR und die Unabhängigkeit der einzelnen Staaten brachten den Hochschulen mehr Freiheit, ihre Praktika zu gestalten.
Die schlechte wirtschaftliche Lage vieler ehemaliger Sowjetländer führte dazu, dass viele Versuche nicht mehr angeboten wurden, weil die Tiere dafür zu teuer waren. Lediglich Frösche und Hunde waren und sind nahezu unbegrenzt und kostenlos verfügbar. Man schickt einfach ein paar Studenten los, welche zu fangen.

In dieser Zeit des Umbruchs besteht ein großes Potential, Praktika tierverbrauchsfrei zu gestalten und damit direkt Tierleben zu retten. Viele Hochschullehrer halten zwar weiter an den herkömmlichen Methoden fest, andere sind aber sehr empfänglich für fortschrittliche Lehrmittel aus dem Westen.

Seit Beginn unseres Projekts im April 2008 haben wir Verträge mit den Leitern von 35 Instituten in 15 Städten der Ukraine geschlossen. Dadurch werden jedes Jahr rund 35.000 Tiere vor einem qualvollen Tod an den Universitäten bewahrt. Zudem haben wir mehrere Projekte in Russland, Kirgisien und Usbekistan unterstützt. Unser Verein finanziert außerdem die Entwicklung russischsprachiger Lehrfilme und hat durch Pressekonferenzen und Medienberichte in diesen Ländern eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit angestoßen.

Die Unis in der Ukraine sind sehr ärmlich ausgestattet, so dass unsere Spenden ein echter Anreiz sind. Dazu leisten wir Überzeugungsarbeit für die tierfreundliche Lehre. Dass Computersimulationen und Modelle nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch didaktisch besser sind, spricht sich in den ehemaligen Sowjetländern herum.

Während in Deutschland dieser Weg leider nicht möglich ist, weil es hier nicht an Geld fehlt, sondern an politischem Willen, macht das Osteuropaprojekt Mut. Jeder verhinderte Tierversuch rettet nicht nur Tierleben, sondern lässt die Spirale der Gewalt gegen Tiere an den Unis ein bisschen langsamer drehen. Studenten, die -statt lebenden Fröschen die Köpfe abzuschneiden- mit Computermodellen arbeiten, lernen einen verantwortungsvollen Umgang mit Tieren und haben in ihrer späteren Laufbahn vielleicht eher Skrupel, Tierversuche durchzuführen.

Dank der Unterstützung der Tierschutz-Stiftung Wolfgang Bösche konnten wir mit drei weiteren ukrainischen Instituten in Ternopil, Vinnitsa und Donetsk Verträge abschließen und ihnen tierfreundliche Lehrmaterialien spenden.
Dadurch retten wir jährlich 5.690 Tiere, hauptsächlich Frösche und Ratten, vor einem qualvollen Tod.

Staatlich-medizinische Hochschule Ternopil

Nachdem wir 2011 das Institut für Physiologie der Medizinischen Hochschule Ternopil mit tierverbrauchsfreien Lehrmethoden ausgestattet hatten, kam nun Hochschullehrerin Yulia Vadzuk vom Institut für Klinische Pharmakologie auf uns zu.

Ihr Chef, Institutsleiter Ivan Klesh, stand der tierversuchsfreien Lehre zunächst skeptisch gegenüber und wollte erst abwarten, wie es bei seinen Kollegen von der Physiologie läuft. Dank deren großen Zufriedenheit war er Ende 2012 bereit, umzusteigen.

Im Januar 2013 besuchte unser ukrainischer Projektleiter, der Biologe Dimitrij Leporskij die Uni zu einem ersten Gespräch und wurde Zeuge der dort immer noch praktizierten, grausamen Tierversuche. Ratten wurden zum Teil ohne ausreichende Betäubung operiert.

Diese Grausamkeiten sollen nun endlich der Vergangenheit angehören. Schon vier Wochen später konnte der Vertrag unterzeichnet werden. Das Institut erhielt von uns einen Laptop, Übungsmodelle und eine Menge Computerprogramme. Jährlich 105 Ratten, Meerschweinchen und Schweine werden nun nicht mehr zu Tode gequält.

Professor Stepan Vadzuk und Dozentin Yulia Vadzuk mit den gespendeten Materialien

Medizinische Hochschule Vinnitsa

Prof. Mikhail Pushkar, Leiter des Instituts für Histologie an der Nationalen Medizinischen Pirogov-Hochschule Vinnitsa, bat uns um Hilfe.
Er wollte zur Herstellung neuer histologischer Schnitte (die alten waren im Laufe der Zeit unbrauchbar geworden) vermeiden, zahlreiche Tiere, darunter auch Hunde und Katzen, zu töten und fragte nach tierversuchsfreien Möglichkeiten.

Histologie, die Lehre von den Geweben, kann wunderbar mit Computersimulationen studiert werden. Wir spendeten Prof. Pushkar einen Laptop, mehrere CDs sowie eine Sammlung mit 100 echten Gewebeschnitten vom Menschen.

Der Institutsleiter war begeistert von der ausgezeichneten Qualität der Computer-programme. Insbesondere freute er sich über die Humanschnitte, die für eine humanmedizinische Hochschule ohnehin sehr viel sinnvoller sind als Gewebeschnitte von Tieren. 245 Wirbeltiere und 100 Wirbellose verschiedener Arten werden nun nicht getötet.

Januar 2013: Dimitrij Leporskij (links) und Prof. Pushkar (rechts), der sich über die gespendeten Materialien freut.

Medizinische Hochschule Donetsk

Nicht immer kommen Professoren auf uns zu. Es gibt auch noch zahlreiche konservative Kursleiter, die lieber an den althergebrachten Tierversuchen festhalten, als auf eine moderne Lehre umzusteigen.

Die Medizinische Hochschule Donetsk im Osten der Ukraine ist ein solch schwieriger Fall. Letztendlich haben wir aber die besseren Argumente.

Im Sommer 2011 kursierten im Internet grausige Bilder von gequälten Hunden, die unter unsäglichen Bedingungen an der Medizinischen Hochschule Donetsk gehalten wurden.

Medienberichten zufolge wurden im Chirurgie-Kurs Hunde unter unvollständiger Betäubung von Studenten operiert. Als wir davon erfuhren, wurden wir sofort aktiv. Nach mehrfachen, erfolglosen Versuchen der Kontaktaufnahme gab es ein Jahr später endlich eine Reaktion.
Igor Zinkovich, der neue Rektor, zeigte Interesse an der tierversuchsfreien Lehre. Als erstes ließ er die Hundehaltung schließen. Die grauenhaften Kerker auf den Internetbildern sind also schon Geschichte. Dennoch wurden noch immer unzählige Ratten und Frösche in schrecklichen Experimenten zu Tode gequält.

Als unser Projektpartner Dimitrij Leporskij im Oktober 2012 erstmals die Uni Donetsk besuchte, musste er sich auf erhebliche Gegenwehr gefasst machen.
Ein interessierter Rektor ist gut, aber in den Instituten sitzen noch die alten Leiter. Diese hielten zunächst Vorträge über die angebliche „Notwendigkeit“ von Tierversuchen. Aber Dimitrij hatte auch viel zu sagen und vor allem zu zeigen.
Seine Präsentationen tierversuchsfreier Lehrmittel riefen Erstaunen hervor. Dass die Computermodelle so hochwertig sind, damit hatte man nicht gerechnet.
Man einigte sich auf einen Pilotprojekt. Der Leiter des Instituts für Physiologie, Valery Kazakov, stimmte zu, seinen Kurs mit unserer Hilfe auf tierversuchsfrei umzustellen. Ist die Sache erfolgreich, ziehen (hoffentlich) weitere Institute nach.

Allein in diesem Institut werden eine schier unglaubliche Zahl von Tieren Opfer einer völlig veralteten Lehre: jährlich 4.400 Frösche, 600 Ratten, 180 Kaninchen und 60 Meerschweinchen. Den Fröschen wird bei lebendigem Leib mit einer Schere der Kopf abgeschnitten, um an Muskeln, Nerven, Herz und Darm der Tiere die Funktionen der Organe zu veranschaulichen.

 

Ende Dezember 2012 brachte Dimitrij (rechts) zur Vertragsunterzeichnung die von uns gespendeten Materialien nach Donetsk

Durch einen Laptop, einen Beamer, einige Übungsmodelle sowie eine große Anzahl Computerprogramme und Videos werden jedes Jahr 5.240 Tiere vor einem qualvollen Tod bewahrt.

Dr. Andrei Snegir und Prof. Boris Ivnev, Dozenten des Instituts für Physiologie mit den gespendeten Materialien.

Zufrieden mit der tierversuchsfreien Lehre

Etwa nach einem Jahr werden wir den Instituten einen weiteren Besuch abstatten, um zu kontrollieren, ob die Verträge eingehalten werden.
Darüber hinaus sind wir ständig mit allen „unseren“ Hochschullehrern in Kontakt, um ggf. Probleme zu klären. Damit Tierversuche nicht „heimlich“ wieder eingeführt werden, ist es besonders wichtig, dass die Professoren mit den Alternativen zufrieden sind. Mitunter müssen wir nachbessern und weitere oder andere Lehrmittel besorgen. Normalerweise klappt die Umstellung aber zur beiderseitigen vollsten Zufriedenheit.

So soll es sein: Medizinstudenten, hier bei einem Kontrollbesuch im Februar 2013, in Odessa üben chirurgische Eingriffe an Silikonmodellen.

Wir werden weiterhin unser Möglichstes tun, dass viele weitere Institute in Osteuropa den guten Beispielen folgen und tierversuchsfrei werden.

Vielen Dank an die Tierschutz-Stiftung Wolfgang Bösche, die diese lebensrettenden Projekte an den drei Universitäten ermöglicht hat.

Weitere Informationen zu unserem Verein und diesem Projekt finden Sie auf:
http://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/projekte/osteuropa-projekte.html

 

Ärzte gegen Tierversuche e.V.
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